Warum wir uns keine Straßen und Schulen leisten können

22. April 2015

Es blubbert wieder in meiner Timeline. Sigmar “Wer hat uns verraten?” Gabriel rührt kräftig die Werbetrommel für öffentlich-private Partnerschaften, um die gröbsten Schlaglöcher aus unseren Straßen und zumindest akute Gefahr für Leib und Leben aus einsturzgefährdeten Schulden zu bekommen.

ÖÖP = Öffentlich Private Partnerschaft

Wie das ganze funktionieren soll, ist eigentlich schnell erklärt: Statt die Autobahn durch den Staat zu bauen, baut sie die Privatwirtschaft und der Staat mietet Sie dann zurück, mit Rendite für erstere versteht sich. Scheinbar ein tolles Geschäft für beide: Die Privaten finden sichere Anlagemöglichkeiten (wer ist schon ein besserer Schuldner als der Staat) und der Staat muss sich nicht weiter verschulden. In den Bilanzen taucht das praktisch nicht auf. Wow. Dass sich der Staat permanent dabei über’s Ohr hauen lässt und am Ende alles viel teurer für uns alle wird…geschenkt!

Interessant finde ich hingegen finde ich, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass sich das vielleicht reichste Land der Welt in einer Situation befindet, in der kein Geld für vor sich hin schimmelnde Klassenzimmer und Straßen im Afghanistan-Syle da ist. Dafür müssen wir ein klein Bisschen zurück in der Zeit schauen. Um das zu erleichtern, bitte einfach HIER klicken.

Die Sozialistischen 80er-Jahre

Wir befinden uns in den 80er Jahren. Unsere Infrastruktur ist einigermaßen heile, der Spitzensteuersatz liegt bei 53%, der Arbeitsmarkt ist noch einigermaßen intakt und die Staatsschulden liegen bei heute unvorstellbaren 30% des BIP. Mit anderen Worten: Ein dringend zu zerschlagendes sozialistisches Utopia. Die Entwicklung der nächsten 20 Jahre ist bekannt: Senkung des Spitzensteuersatzes, der Unternehmenssteuern, Aussetzung der Vermögenssteuer, Flexibilisierung Prekarisierung des Arbeitsmarktes. Wunder, oh Wunder gehen die Steuereinnahmen zurück (wird unter anderem durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (die Unternehmen bekanntlich nicht zahlen, die aber Geringverdiener überproportional belastet) aufgefangen, aber nur ungenügend. Trotz der Verscherbelung des Tafelsilbers (aka der Post und der Bahn) modert unsere Infrastruktur vor sich hin. Dass wir uns nicht falsch verstehen: Die Steuereinnahmen sind nicht gesunken, aber sie sind ganz offensichtlich nicht im notwendigen und Wirtschaftswachstum und Inflation angemessenem Maße gestiegen, wie verrottende Schulen und Straßen zeigen.

Im gleichen Zeitraum sind allerdings die Unternehmensgewinne und Gewinne der Aktien- und Kapitalbesitzer explodiert. Die Reichen (sowohl Privatmenschen mit Aktienbesitz, als auch die Institutionellen, also Unternehmen) wurden im Rahmen der Steuer- und Arbeitsmarktgestaltung mit Geld zugeschissen.

Dann, im Jahre 2007 zeigte sich, dass die Reichen mit dem ganzen Schotter nicht umgehen können und es -gierig wie sie sind- irgendwelchen Bankern gaben, die ihnen abstruse Renditen versprachen. Was dann passierte kennen wir als Bankenkrise. Doch natürlich sagte der Staat nicht, was im Rahmen der angeblich vorherrschenden Wirtschaftsform, nämlich der Marktwirtschaft angemessen gewesen wäre, nämlich: “Legt euch gehackt, das Geld ist futsch, keine Rendite ohne Risiko”, sondern initiierte das was wir als Banken(aka Reichen-)rettung kennen. Man muss sich an dieser Stelle bewusst machen, wie teuer diese Scheiße gewesen ist. Dazu sei diese Grafik ans Herz gelegt, die zeigt, dass der Anstieg der Staatschulden zwischen 2005 und 2010 vom etwa 500 Millarden Euro betrug. Für den selben Betrag brauchte es vorher 20 Jahre. Ähnlich teuer war bisher nur die Wiedervereinigung. Das muss man sich mal vorstellen. Ein komplettes, praktisch deindustrialisiertes Land zu integrieren ist genauso teuer, wie ein Paar Spekulanten und Kapitalbesitzer freizukaufen…

War also ziemlich, ziemlich teuer der Mist. Was unsere Regierung 2009 zu der grandiosen Idee der Schuldenbremse veranlasste, die in Zukunft verhindert, dass besonders die Kommunen sich weiterhin so enorm verschulden dürften.

Klingt erstmal gut, führt aber dazu, dass trotz Zinsen um die 0%, also historisch billigem Geld kein Schotter für unsere modernde Infrastruktur da ist. Dabei wäre die aktuelle Lage an den Geldmärkten eine einmalige Chance schnell mal günstig alles zu sanieren. Was also tun? Die bekackte Schuldenbremse wieder abschaffen und diejenigen, die sich diesen Kappes ausgedacht haben zum Teufel jagen?

Nein, viel besser! ÖPP: Denjenigen, denen man jahrzentelang Geld in den Arsch geblasen hat, das für die Infrastruktur fehlte, Geld in den Arsch blasen, damit sie unsere Infrastuktur in Ordnung bringen! Brillant, oder?!

Nicht unerwähnt bleiben darf natürlich, dass sich aktuell besonders die Versicherungsunternehmen auf lukrative Investitionsmöglichkeiten freuen. Auch dafür gibt es Gründe, die in der Vergangenheit liegen. In dieser Vergangenheit gab es nämlich mal ein Rentenniveau, das Rentnern ein einigermaßen würdiges Restleben ermögliche. Auch das wurde natürlich von der Politik in Arsch gekloppt. Natürlich nicht, ohne nebenbei wieder den Unternehmen (diesmal Versicherungen) die Taschen voll zu machen und eine beispiellose Kampagne für die Private Vorsorge (Rieser und Co) zu fahren.  Sagen wir es mal so: Auch dass haben die Unternehmen verkackt. Also das Geld eingesammelt, dicke Renditen versprochen die sie nun, aufgrund der niedrigen Zinsniveaus nicht liefern können. Auch hier könnte die Regierung nun wieder sagen: “Legt euch gehackt…” und statt die Versicherungsunternehmen mit Steuergeld zu pampern die staatliche Rente wieder stabil machen. Aber hey…wird sind hier schließlich in Deutschland

Geht kacken. Echt. Oder wählt mal vernünftig…

 

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Florian Priemel © 2017